Abi geschafft – und was nun? Viele haben den gleichen Traum: Mediziner werden. Doch Abiturienten, die sich für ein Medizinstudium interessieren, müssen häufig um einen Studienplatz bangen. Denn der Ansturm auf die Unis ist riesig und so werden zum Großteil nur die Besten zugelassen. Doch heißt das, dass man sich das Medizinstudium ohne einen Schnitt von 1,0 gleich ganz abschminken muss? Natürlich nicht. Es gibt zwei Tests in Deutschland, die euch bei der Vergabe der Medizinstudienplätze einen Vorteil verschaffen können. Einer davon ist der allseits bekannte Medizinertest. Der andere, vermutlich weniger bekannte Test, heißt HAM-Nat. Nie gehört? Kein Problem. Wir erklären euch alles, was ihr dazu wissen solltet.
Was ist der HAM-Nat?
Die Abkürzung HAM-Nat steht für „Hamburger Naturwissenschaftstest“, da er am Hamburg-Eppendorfer Universitätsklinikum entwickelt wurde. Dabei handelt es sich, genau wie beim Medizinertest auch, um einen Studierfähigkeitstest. Das bedeutet, dass mithilfe des Testergebnisses eingeschätzt werden soll, wie gut ihr euch für die Aufnahme eines Medizinstudiums eignet. Der HAM-Nat testet dabei anhand von Multiple-Choice-Fragen euer Wissen in den Fächern Mathe, Physik, Chemie und Biologie, welches für ein Medizinstudium relevant ist. Der Schwierigkeitsgrad der Fragen befindet sich dabei auf Oberstufenwissen-Niveau. Im Vergleich zu Abitur-Ergebnissen hat der Test jedoch den Vorteil, dass dessen Ergebnisse vergleichbar sind, da der Test unabhängig vom jeweiligen Bundesland und seinen Bewerbungsmaßstäben bewertet wird.
Gibt es den HAM-Nat bundesweit?
Leider nicht. Der HAM-Nat wird seit 2008 an drei deutschen Hochschulen für die Studienplatzvergabe verwendet:
- Charité – Universitätsmedizin Berlin
- Universität Hamburg
- Universität Magdeburg
An der Charité und in Hamburg wird das Testergebnis sowohl für das Aufnahmeverfahren von Human-, als auch Zahnmedizin verwendet. Der Test findet jedes Jahr Mitte August an allen drei Unis gleichzeitig statt. An der Charité könnt ihr ihn zudem noch Mitte Februar ablegen, da dort das Medizinstudium auch zum Sommersemester hin beginnt. Der genaue Termin lässt sich auf den Webseiten der Universitäten finden.
Wie meldet man sich für den HAM-Nat an?
Es gibt keine „direkte“ Anmeldung für den HAM-Nat. Stattdessen werden Einladungen an diejenigen versendet, die die Teilnahme-Kriterien erfüllen. Diese sind:
- Ein (sehr) guter Abi-Schnitt
- Die Angabe einer der drei Universitäten als erste Ortspräferenz auf hochschulstart.de
Die Teilnehmerzahlen für den Test sind je nach Hochschule auf eine gewisse Anzahl begrenzt. Daher variiert auch der Abi-Schnitt, den man für die Zulassung erreicht haben muss, von Jahr zu Jahr je nach Menge der Bewerbungen. In Berlin wurden letztes Jahr Teilnehmer mit einem Schnitt bis zu 1,5 zugelassen, in Hamburg und Magdeburg lag die Maximalhöhe des Schnitts bei 1,8.
Die Teilnahme an dem Test ist übrigens kostenlos. Nur die Anfahrts- und bei Bedarf Aufenthaltskosten müssen natürlich von euch selbst getragen werden.
Was und wem nützt der HAM-Nat überhaupt?
Für alle Abiturienten, die eine im Einser Bereich liegende Abi-Note vorweisen können und natürlich an einer der drei Unis studieren möchten, ist die Teilnahme an dem Test nur empfehlenswert. Da man den HAM-Nat im Gegensatz zum Medizinertest nicht nur einmal, sondern so oft wie man möchte ablegen darf, kann dabei eigentlich gar nichts schief gehen (auch wenn das natürlich mehrere Jahre kosten kann). Auch Freiwilligen- oder Wehrdienstabsolventen können von der Teilnahme profitieren, da sie bei gleicher Rangeinordnung mit Nicht-Absolventen bevorzugt aufgenommen werden. Natürlich ist es auch nützlich, gute naturwissenschaftliche Kenntnisse entweder bereits zu besitzen oder aber den Willen zu haben, sich diese schnell anzueignen.
Wie bereitet man sich auf den HAM-Nat vor?
Da es sich bei dem HAM-Nat um einen reinen Wissensabfrage-Test handelt, könnt ihr euch sehr gut darauf vorbereiten. Es lohnt sich, früh anzufangen, um jedem Themengebiet genügend Zeit für die Wiederholung zu geben. Am besten plant ihr euch mehrere Monate ein. Um euren Wissensstand zu Beginn einschätzen zu können, gibt es Selbsttests auf den Seiten der Hamburger und Marburger Unis. Dadurch könnt ihr eure Schwächen gut einschätzen und euch so in der weiteren Vorbereitung vor allem darauf konzentrieren. Zum Lernen kann euch vor allem Oberstufenliteratur dienen, sowie extra für den HAM-Nat verfasste Lernbücher oder gar ein eigener Nachhilfelehrer. Auch könnt ihr über die Facebook-Gruppe „HAM-Nat Hamburger Auswahlverfahren für medizinische Studiengänge“ Lerngruppen bilden und Fragen stellen.
Für Teilnehmer in Hamburg und Berlin werden auch Generalproben kurz vor dem Test angeboten. Diese sind kostenlos und dem Schwierigkeitsgrad des offiziellen Tests angepasst. Es lohnt sich zudem, Kopf- sowie schriftliches Rechnen fleißig zu üben, da es während des Tests natürlich auf Effizienz ankommt. Wer den Fleiß und das Geld investieren möchte, kann auch ein Vorsemester in Medizin belegen – dort erhält man zusätzlich zu dem nötigen naturwissenschaftlichen Wissen auch erste Mediziner-Kenntnisse durch den medizinisch-klinischen Teil.
Aufbau und Inhalt des HAM-Nats:
Der HAM-Nat besteht aus circa 80 Fragen, die ihr innerhalb von zwei Stunden beantworten müsst. Inklusive Einlass, Begrüßung und Austeilen der Testunterlagen dauert das Ganze von 9 Uhr morgens bis 13:30 Uhr. Die Unterlagen bestehen aus einem Testheft und einem Antwortbogen. In dem Heft findet ihr die Multiple-Choice-Fragen, für die jeweils fünf Antwortmöglichkeiten angegeben werden. Darin dürft ihr auch jegliche Nebenrechnungen und Notizen machen. Auf dem Antwortbogen tragt ihr lediglich Kreuze für die richtigen Antworten ein – ansonsten darf nichts darauf stehen. Da der Bogen maschinell ausgewertet wird, nützt es euch nichts, wenn ihr die Antworten zwar in eurem Testheft stehen habt, sie aber nicht auf den Antwortbogen übertragen habt. Es lohnt sich daher, von Beginn an die Antworten auf dem Bogen anzukreuzen und nicht am Ende alle auf einmal übertragen zu wollen. Zeitmangel könnte dies nämlich schwierig gestalten.
Der Test-Inhalt ist bei allen drei Universitäten der Gleiche. Jedoch variieren die Schwerpunkte jedes Jahr aufs Neue – es kommt also nicht jedes Mal die gleiche Anzahl an Mathe, Biologie, Chemie und Physik-Aufgaben dran. Wer allerdings schon vorher wissen möchte, welche Art von Aufgaben dabei generell abgefragt werden, kann sich den aktuellen Themenkatalog auf den Webseiten der Unis Hamburg und Marburg herunterladen.
Um Abschreiben zu verhindern, bekommt jeder Testteilnehmer einen fest markierten Platz zugewiesen. Dabei wird zwischen den einzelnen Teilnehmern immer ein bis zwei Plätze Abstand gehalten. Auch wird nur jede zweite Tischreihe besetzt. Zudem gibt es verschiedene Testbögen, auf denen zwar natürlich die gleichen Fragen stehen, jedoch in unterschiedlicher Reihenfolge. Wer hier bei fehlendem Wissen auf Spicken hofft, hofft vergebens. Die bereits empfohlene intensive Prüfungsvorbereitung lohnt sich also tatsächlich.
Wie funktioniert die Auswertung des Tests?
Obwohl der Inhalt des Tests überall der Gleiche ist, unterliegen die Bewertung und die Auswahlkriterien den jeweiligen Maßstäben der verschiedenen Unis. So erhält man unterschiedliche Punktzahlen für Abi-Note und HAM-Nat-Testergebnis, deren Zusammenrechnung dann euren Platz auf der Rangliste der Zulassungen bestimmt.
An der Charité erhaltet ihr für euren Abi-Schnitt maximal eine Punktzahl von 900 – das wäre der Fall, wenn ihr eine Note von 1,0 habt. Für jede Zehntel-Note, die ihr schlechter seid, werden euch 30 Punkte abgezogen. Mit einem Schnitt von 1,2 erreicht ihr beispielsweise nur 840 Punkte. Für den HAM-Nat könnt ihr an der Berliner Uni insgesamt 400 Punkte erreichen. Der Prozentwert eurer richtigen Antworten wird dabei mit 400 multipliziert und dann mit der Punktzahl eurer Abinote addiert. So erhaltet ihr euren Gesamtdurchschnitt, der euch einen bestimmten Ranglistenplatz sichert. Bei gleichem Ranglistenplatz werden auch hier Bewerber, die einen Freiwilligendienst absolviert haben, gegenüber anderen bevorzugt.
In Hamburg und Marburg ist das System weniger komplex. Dort erhaltet ihr maximal 60 Punkte für einen 1,0er-Abidurchschnitt. Für jedes Zehntel mehr werden euch hier nur zwei Punkte abgezogen. Das Testergebnis beläuft sich auf maximal 59 Punkte, wenn 100 Prozent der Fragen richtig beantwortet sind. Diese zwei Ergebnisse werden dann einfach addiert, um euren Ranglistenplatz zu bestimmen.
Eure Zulassungsbescheide für die jeweilige Universität werden nach Auswertung der Test-Ergebnisse und Bestimmung eurer Ranglistenplätze versandt. Dies dauert teilweise nur wenige Tage, kann aber auch ein paar Wochen in Anspruch nehmen.
HAM-Int
An der Uni Hamburg bekommen nur die Besten eine Direktzulassung für das Medizinstudium. Ein kleiner Teil der knapp darunter liegenden Bewerber hat die Möglichkeit, durch das sogenannte HAM-Int Gespräch eine Zulassung zu erhalten. Dabei handelt es sich um acht Kurzgespräche, die jeweils fünf Minuten dauern und durch die die Sozialkompetenzen der Kandidaten ermittelt werden. Dieser Test findet meist eine Woche nach dem HAM-Nat statt.
Bewerber für ein Zahnmedizin-Studium müssen zusätzlich noch den HAM-MRT und den HAM-Man bestehen. Dabei werden einmal das räumliche Vorstellungsvermögen, sowie das handwerkliche Geschick der Bewerber getestet, um eine Eignung für den Studiengang zu ermitteln.
Tipps
Auch beim HAM-Nat gibt es einige generelle Tipps, die es zu beachten gilt und die euch Vorbereitung und Ablauf erleichtern können:
- Da die Einladungen erst sehr kurz vor dem Testtermin verschickt werden, solltet ihr regelmäßig euer Postfach checken. Auch den Spam-Ordner.
- Um euch Last-Minute-Stress zu sparen, lohnt es sich, sich vorher – trotz Nichtwissens um Teilnahme – um Bahn- oder Busticket zu kümmern.
- Ihr dürft keine Hilfsmittel verwenden: Lasst Handy, Taschenrechner, Formelsammlung und Notizzettel also besser gleich zu Hause.
- Das Testergebnis gilt nur an der Uni, an der ihr den HAM-Nat absolviert habt – es ist nicht im Nachhinein auf eine andere Hochschule übertragbar.
- Da die meisten Bewerber erfahrungsgemäß nach Berlin und Hamburg möchten, ist die Konkurrenz mit sehr gutem Notendurchschnitt in Magdeburg geringer. Wer einen Abi-Durchschnitt im höheren Einser-Bereich hat, sollte vielleicht eine Bewerbung dort in Erwägung ziehen.
Fazit
Für Abiturienten, die ein Medizinstudium im Norden in Erwägung ziehen, ist der HAM-Nat eine erschwingliche Alternative zum Medizinertest. Zwar bedarf auch dieser Test intensiver Vorbereitung, jedoch müsst ihr nicht um Totalversagen im Fall von Nicht-Bestehen bangen. Alles in allem bietet dieser Wissentest eine gute Gelegenheit, sich einen der heißbegehrten Studienplätze zu sichern.